Klara Schoell ist Malerin mit Wohnsitz in Hamburg und Leipzig. Ihre Malerei ist ein Spiel zwischen Erhalten und Zerstören, eine Interaktion verschiedener emotionaler Zustände. Diese manifestiert sich in vielen Schichten und Transparenzen auf der Leinwand und erzeugt so ihren ganz eigenen Farbklang. Ein Bild begleitet die Künstlerin oft über einen längeren Zeitraum. 
Klara Schoell beginnt ein Bild intuitiv, abstrakt und expressiv. erst nach einiger Zeit beginnt sie entstandene Flächen in eine Ordnung zu bringen und sich auf ein konkretes Bildmotiv festzulegen. Sie zeigt sensible Momente aus ihrem Leben, die einladen die eigenen Erfahrungen zu assoziieren. 


Wie ein Akkord in der Musik

So beschreibt die Künstlerin selber zusammenfassend ihre Arbeit, indem sie Stimmungen und Assoziationen nennt, die in ihren Bildern zusammen klingen. Damit gibt sie zu erkennen, dass sie sich innerhalb der schon länger andauernden „Moderne“ bewegt – und wo auch sonst? Dieser Moderne wurde schon früh angemerkt, dass sie sich im Atmosphärischen wiederfindet. Die Musikmetapher passt da sehr gut, womit nicht eine Inspiration durch Musik gemeint ist, wie sie etwa Rubens gesucht hat, und auch nicht die Darstellung der Musik oder von Musizierenden, wie wir das bei Van Eyck oder Dürer gesehen haben. In der Moderne wurde von Anfang an die Welt der Erscheinungen in ihrem momentanen Zustand neu gesehen und gedeutet, während die alte Welt noch die Inhalte absolut setzte. Damit ist auch angedeutet, warum sich gewöhnlich die Moderne so stark gegen inhaltliche Festlegung wehrt.

Klara Schöll fühlt sich wohl in einer Welt der Abstraktion und fügt ihre Stimme einem Konzert zu, das Maler wie Franz Marc, dem Kubismus von Picasso folgend, bereits vor über 100 Jahren angestimmt haben. Ihre Malerei gewinnt Umwelt und Natur offensichtlichen neue Aspekte in ihrer strukturellen Zusammensetzung wie in dem Schmelz ihrer farbigen Erscheinung ab.
Bemerkenswert ist ihre Hinwendung zur Figur, einzeln und in größeren Konfigurationen. Dabei belebt sie eine Lehre des Kubismus neu, die Figur ebenso wie Landschaft und Stilleben in flächige Teile aufzuspalten und neu zusammenzusetzen. Immer wieder entstehen Bilder, die ein Eigenleben erhalten und daher unsere Aufmerksamkeit erregen.
Unser Titelbild Peter ist nach einer Fotografie des Großvaters als junger Mann entstanden. Dadurch liegt Emotion in der Luft. Und wirklich ist eine konzentrierte Figur zu sehen, die innig die Arme um etwas schließt: eine Katze blickt uns aus dem Zentrum des Bildes entgegen, während die Figur sich blicklos zur Seite wendet.
Die Köpfe sind mal bestimmter, mal unbestimmter gehalten. Die Erinnerung an T. scheint schon verblasst und ist deshalb collagenhaft malerisch aufgelöst, während Große Madonna und Alter Freund I mit präzisen Zügen aufwarten. Kultbilder sind diese nicht, doch streifen sie den würdevollen Bereich, schreibt doch die Künstlerin selber, es bleibe unbestimmt, ob die Profilfigur einen Irokesenschnitt oder einen Heiligenschein trage. Immerhin ist eine Neigung zum Herausgehobenen festzustellen – in der Moderne eine Besonderheit.
Mit gewisser Feierlichkeit begegnen uns auch die großformatigen Bilder The Crash und Die Reiter. Die unruhig gehobenen und gesenkten Köpfe der Pferde geben zusammen mit der lebhaften Farbigkeit eine gewisse Dynamik in das Bild, dessen Figuren ohne Individualität bleiben und sich unter Kleidung und Helmen verbarrikadieren. Auch die beiden Figuren (Mann und Frau?) auf The Crash bleiben seltsam unbewegt und erinnern mich an die lautlosen Figuren des Oskar Schlemmer.
Tiere nehmen einen breiteren Raum in diesem Werk ein. Es ist die Form von Pferde- und Stierköpfen oder -schädeln, die zur malerischen Beschäftigung einlädt. Goya und später Picasso waren den Stieren besonders verbunden. Bei Klara Schöll ist es keine spanische oder gar Stierkampfnote, gewiß aber eine urhafte Kraft, die sie gerade in diesem Tier findet, wie es auch der zivilisatorische Aspekt des Pferdes, des treuen Begleiters des Menschen in vortechnischer Zeit ist, der sie bewegt. Keineswegs urhaft schlängelt sich geschmeidig die Maus schönlinig durch ihr Bild. Umraum und körperlicher Kern werden in farblicher Betonung und in eigens zugewiesenen Flächen rhythmisiert, wobei das Tier zur Verankerung in der Leibesmitte in gewichtigem Rot beschwert wird.
Ein inhaltliches Anliegen können wir in diesen Bildern nicht ausmachen, wohl aber eine starke Empfindung, die feinfühlige Fragen stellt und uns vermeintlich gewohnte Konfigurationen neu vor Augen führt. Ich wünschte drückt das auch im Titel aus. Besonders schön hier die abgestufte und verflochtene Farbigkeit in Figur und Hintergrund.
Klara Schöll verdient unsere Achtung, weil sie tiefer in die Erscheinungen einsteigt und tiefer ihre Fragen stellt. Das Triptychon In der U-Bahn entstand, weil sie sich Gedanken über den Augenreflex „optokinetischer Nystagmus“ machte. Dem Phänomen der Geschwindigkeit ist der moderne Mensch seit Erfindung der Eisenbahn ausgesetzt. Wie gut oder schlecht unsere Seelen die Überreizung der Augen verarbeiten, ist nicht ausgemacht. Diese Kunst macht uns nachdenklich.

Dr. Thomas Gädeke




Studium
HAW Hamburg, Klasse Professor Christian Hahn 
HGB Leipzig, Klasse Professor Kerstin Drechsel

Vergangene Ausstellungen:

Einzelausstellungen: 
[2023] Facetten finden, Forum Markert, Hamburg
[2021] Vom Warten, Einzelausstellung, Galerie Pfund und Dollar, Kultursommer, Oberhafen, Hamburg

Gruppenausstellungen (Auswahl):
[2024] Forum Markert, Best of, Hamburg
[2024] Nachhall, Frappant Galerie, Hamburg
[2023] Haus Rissen, Hamburg
[2023]  Auf dem Grund, MS Stubnitz, Hamburg
[2023]  Kunstimpulse Mönckebergstraße, Hamburg
[2023]  Millerntorgallery, Hamburg 
[2023]  A Dying House, München 
[2022]  addart, You, Hamburg 
[2022]  Finale, Galerie Pfund und Dollar, Hamburg 
[2022] Memur, Oldenburg
[2022] Millerntorgallery, Hamburg 
[2022] Viva con Agua Arts, Inc Art, Hamburg 
[2021] addart, Bright Skies, Gruppenausstellung, Hamburg 

Publikationen: 
[2024] Publikation im Rahmen der Ausstellung "Best of" Forum Markert. Text: Dr. Thomas Gädeke.
[2023] Publikation im Rahmen der Ausstellung "Facetten finden" Forum Markert. Text: Dr. Thomas Gädeke. 
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